Der Ertragsverlust der Anlage hält sich in Grenzen: 80 Prozent der Fläche stehen noch für Ackerkulturen zur Verfügung, 18 Prozent werden für Blühstreifen unter den Photovoltaikmodulen genutzt und nur 2 Prozent der Fläche werden von den Anlagenfüßen eingenommen.
Gewessler: „Gesunder Boden schützt uns vor der Klimakrise“
„Das Projekt verbindet Solarenergiegewinnung mit Biodiversität, ohne den Boden zu versiegeln. Schließlich ist der Boden ein wertvolles Gut“, betonte Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne) bei der Eröffnung. „Gesunder Boden schützt uns vor den schlimmsten Auswirkungen der Klimakrise, vor extremen Wetterereignissen, vor Überschwemmungen und Schlammlawinen. Klimaschutz ist Bodenschutz“, sagte die Umweltministerin. Michael Rupp Umwelt- und Energieministerin Leonore Gewessler und Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig (3.vr) eröffneten die Agri-PV-Anlage in Bruck an der Leitha
Totschnig: Ohne nutzbaren Raum ist die Energiewende nicht möglich
Auch Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig (ÖVP) lobte das System und nannte es ein „Leuchtturmprojekt“. Eine Forderung an die Landwirtschaft, nur bereits versiegelte Flächen für Photovoltaik (PV) zu nutzen, hält er für nicht umsetzbar. „Ohne produzierende Bereiche geht es nicht“, sagt Totschnig. Die kombinierte Nutzung von Landwirtschaft und Energiewirtschaft könnte nach Ansicht des Landwirtschaftsministers auch zu einem Umdenken in der Bevölkerung hinsichtlich des Ausbaus von Photovoltaik auf Freiflächen führen. „Dort ist nun gleichzeitig die Lebensmittelproduktion möglich und das schafft gesellschaftliche Akzeptanz“, sagt Totschnig. Das Modell ist österreichweit einsetzbar. ORF / Tobias Mayr Einheiten können individuell angepasst werden. So kann die optimale Sonneneinstrahlung für das System und die Pflanzen gefunden werden.
Schatten könnte Pflanzen und Boden helfen
Photovoltaikanlagen können je nach Lichtbedarf der Pflanzen je nach Sonneneinstrahlung angepasst werden. Energieverluste halten sich in Grenzen, weil die Photovoltaikmodule von beiden Seiten Energie erzeugen können, erklärt Projektleiter Michael Hannesschläger. Auch Reflexionen der Sonnenstrahlen vom Boden, beispielsweise bei Schnee, können in Energie umgewandelt werden. Derzeit werden verschiedene Saaten wie Winterweizen, Mohn und Mais getestet. Für Pflanzen ist zusätzlicher Schatten nicht unbedingt ein Nachteil. „Gerade im Osten Österreichs ist die Sonne so intensiv, dass eine Beschattung für die Kulturen von Vorteil ist“, sagt Landwirt Roland Wittner, der an dem Projekt beteiligt ist. Zusätzlich bietet die Photovoltaikanlage Schutz vor Wind und Austrocknung. „Wenn es regnet, leiten die Solarpanels das Wasser in die Reihen, wo die Pflanzen wachsen“, sagt Wittner. Laut Projektleiter Hannesschläger werden landwirtschaftliche Photovoltaikanlagen bisher vor allem für Ackerkulturen eingesetzt, aber auch für die Aufzucht von Hühnern, Schweinen oder Schafen seien sie denkbar. Die Einheiten sind möglicherweise nicht stabil genug, um Vieh zu züchten. Die Universität für Bodenkultur Wien begleitet das Projekt in Bruck an der Leitha wissenschaftlich, die erste Evaluation wird im Herbst nächsten Jahres erwartet.
Ähnliche Anlagen in Guntramsdorf und Pöchlarn
Ähnliche Systeme wurden bereits in Guntramsdorf (Kreis Mödling) getestet. Auf einem Grundstück von Wien Energie hat die Universität für Bodenkultur Wien (BOKU) Kartoffeln zwischen Photovoltaikmodulen gepflanzt. Ziel war es zu untersuchen, wie sich Solarmodule auf die Landwirtschaft auswirken – mehr dazu in Von der Kartoffel zum Solarmodul (noe.ORF.at; 10. Mai 2022). In Pöchlarn (Region Melk) hat die Raiffeisen Ware Austria AG (kurz RWA) ein Projekt gestartet, bei dem mehr als 10.000 Solarpanels auf Stelzen montiert werden, um darunter Platz für Weiden und Apfelbäume zu schaffen – mehr dazu in Biodiversität durch Solarpanels auf Stelzen (noe.ORF.at; 20.9.2021).