Wien (PK) – Sozialminister Johannes Rauch hat heute bei den Beratungen im Haushaltsausschuss des Nationalrates über die Haushaltsmittel für Soziales und Rentenversicherung bekräftigt, dass die Mittel für die 24-Stunden-Betreuung aufgestockt werden müssen. Es gebe bereits eine Einigung mit den Bundesländern, sagte er den Abgeordneten. Im Haushaltsentwurf 2023 sind für diesen Bereich zusätzlich 17,8 Millionen Euro vorgesehen, was einer Steigerung von 16,6 % entspricht. Bezüglich der angestrebten Gehaltserhöhung für Angehörige der Pflegeberufe betonte Rauch, dass sich die Landessozialarbeiter grundsätzlich bereit erklärt hätten, in diesem Jahr einen bundesweit einheitlichen Zuschuss von 2.000 Euro zu zahlen. Im Laufe des nächsten Jahres soll dieser Bonus in eine „tarifliche Monatszahlungsform“ umgewandelt werden. Er persönlich hätte sich gefreut, wenn der Bonus steuerfrei hätte gewährt werden können, sagte Rauch der SPÖ, aber das sei mit dem Finanzminister nicht machbar gewesen. Andererseits zeigte sich der Sozialminister von der dauerhaften Umsetzung der Lohnerhöhung überzeugt. Eine erneute Abschaffung der Zahlung käme niemandem in den Sinn, auch wenn er generell mit „harten“ Finanzausgleichsverhandlungen über die künftige Pflegefinanzierung rechne. Für das kommende Jahr versprach Rauch zudem einen länderübergreifenden Ausgleich bei zweckgebundenen Zuschüssen für den Gehaltsbonus, da die derzeitige Verteilung nach dem Bevölkerungsschlüssel und nicht nach der Zahl der Pflegekräfte ganz andere Leistungen gewähren könne. Bei den heutigen Beratungen ging es neben dem Thema Pflege auch um die Armutsbekämpfung, die Unterstützung von Menschen mit Behinderungen und die Erhöhung der Rentenausgaben. Wie Rauch den Abgeordneten auf Anfrage mitteilte, erhielten im ersten Halbjahr 2022 insgesamt 23.458 Rentner den sogenannten „Frühstarterbonus“. Dieser war von den Koalitionsparteien als Ersatz für die abgeschaffte „Hacker-Regelung“ eingeführt worden. Im Durchschnitt wurden 42,91 € gezahlt, wobei deutlich mehr Frauen (63 %) als Männer (37 %) waren. Die Debatte um die automatische Rententrennung ist laut Rauch noch nicht zu Ende, hier gibt es Für und Wider. Der Haushalt für Soziales wird um 18,2 % erhöht Insgesamt sieht der Haushaltsentwurf (1669 dB) für den Bereich Soziales und Verbraucherschutz (UG 21) Ausgaben (Zahlungen) von 5,04 Milliarden Euro vor. Das sind 774,6 Millionen Euro oder 18,2 % mehr als das Budget für dieses Jahr. Grund für dieses Plus ist insbesondere die im Juli beschlossene Pflegereform. Die Umsatzerlöse (Zahlungen) sollen um 19,6 Mio. € auf 664,2 Mio. € steigen. Insbesondere will die Regierung im nächsten Jahr 4,48 Milliarden Euro für den Pflegesektor bereitstellen – bei Einnahmen von 658,2 Millionen Euro. Die Mittel werden unter anderem verwendet für das Pflegegeld inkl. Pflegekarenz (2,86 Mrd. Euro), die Finanzierung des Pflegefonds (455,6 Mio. Euro), Transfers an die Länder infolge Abschaffung des Pflegeappells (300 Mio. €), die Förderung der 24-Stunden-Pflege (125,3 Mio. €), die Unterstützung pflegender Angehöriger (20 Mio. €) sowie die Hospiz- und Palliativversorgung. Hinzu kommen die kürzlich bewilligten zweckgebundenen Zuschüsse der Länder zur besseren Bezahlung des Pflegepersonals (570 Millionen Euro) und zur Pflegeausbildung (88 Millionen Euro). Für das Pilotprojekt Community Nurses im Rahmen des EU-Wachstums- und Resilienzplans stehen laut Haushaltsunterlagen 15,78 Millionen Euro zur Verfügung, 30 Millionen Euro gehen an das AMS für den Pflegezuschuss. Höhere Gesundheitskosten machen sich auch im neuen föderalen Finanzrahmen 2023 bis 2026 bemerkbar (1670 dB). Nach Angaben des Sozialministeriums hatten im August 2022 insgesamt 468.917 Personen Anspruch auf Pflegegeld. 22.218 erhielten Zuschüsse zur 24-Stunden-Betreuung (Stand: Juli 2022). 3.478 Angehörige haben im Jahr 2021 Pflegekarenzgeld in Anspruch genommen. Für die Integration von Menschen mit Behinderungen in den Arbeitsmarkt und weitere Unterstützungsangebote für diese Personengruppe sind im Bundeshaushalt im kommenden Jahr 182,81 Millionen Euro vorgesehen. Das ist eine deutliche Steigerung um 25,68 Millionen Euro gegenüber 2022. Ziel ist es, die Teilhabe von Menschen mit Behinderungen in allen Lebensbereichen im Sinne des Nationalen Aktionsplans Behindertengerechtigkeit 2022 bis 2030 zu fördern. Dazu kommen weitere Mittel – darunter rund 15 Millionen Euro für den sogenannten „Lebendigen Regenschirm“ – für die Gewaltprävention und für verschiedene Maßnahmen zur Armutsbekämpfung und Unterstützung sozial benachteiligter Haushalte. Die Regierung hat 101,7 Millionen Euro für verschiedene Opferrenten und andere Leistungen veranschlagt. Die geplanten zusätzlichen 32 Stellen für das Sozial- und Gesundheitsamt sollen den Bereich Gesetzgebung, insbesondere Gesundheitsrecht, und den Bereich E-Health stärken. Die Personalaufstockung sei aufgrund von Personalabgängen in der Vergangenheit dringend erforderlich, sagte Rauch gegenüber dem Ausschuss. Während der Corona-Pandemie musste auf befristete Arbeitsverträge zurückgegriffen werden. Auch bei der Digitalisierung von Gesundheitsdaten sieht er großen Nachholbedarf. Pflegereform: Rauch sieht einen zweiten Schritt als notwendig an Auf die Frage des SPÖ-Abgeordneten Philip Kucher, welche Maßnahmen er bei den Haushaltsverhandlungen nicht anwenden könne, sagte der Gesundheitsminister, er wünsche sich „natürlich gerne mehr Geld“ für den Pflegebereich. Die bei der Gesundheitsreform vereinbarte Milliarde wird zu wenig sein. Es ist offensichtlich, dass ein zweiter Schritt erforderlich ist. Zudem besteht in vielen Bereichen noch Handlungsbedarf. Rauch sieht die Frage nun als zentrale Frage in der Pflege: „Woher bekommen wir das Personal?“ Es ist nicht nur die Zahlung. Er ist sich sicher, dass es ohne Zuwanderung aus dem außereuropäischen Ausland trotz der Maßnahmen im Rahmen der Gesundheitsreform nicht gelingen wird, die Gesundheitsversorgung attraktiver zu gestalten. Ein wesentlicher Punkt wäre seiner Meinung nach auch, Diensträder wieder programmierter zu machen. Wenn es um bundesweit einheitliche Qualitätsstandards für Pflegeheime geht, sieht Rauch die Finanzgleichung als wichtigen Treiber in Bundesverantwortung. Da sei er ziemlich zuversichtlich, denn der wirtschaftliche Druck auf Städte, Länder und Gemeinden sei groß, sagte er. Insgesamt rechnet der Minister mit „harten“ Verhandlungen, weil die Anforderungen an die Bundesregierung ohnehin schon sehr hoch sind. Eine Änderung der Einstufung des Pflegegeldes ist laut Rauch derzeit nicht geplant. Er halte nichts davon, an einem System herumzubasteln, das im Kern funktioniert, sagte er dem FPÖ-Abgeordneten Gerhard Kaniak. Die durchschnittliche Dauer der Pflegegeldverfahren liege bei knapp 57 Tagen. In Bezug auf den Krankenpflegeunterricht stellte die Ministerin fest, dass dieser als Pilotprogramm konzipiert sei. Das Curriculum wird derzeit entwickelt. 15-Jährigen wird ohnehin nicht zugemutet, am Krankenbett von Pflegebedürftigen zu sein. Seinen Angaben zufolge arbeiten derzeit mehr als 32.000 Selbstständige in der 24-Stunden-Pflege. Am Pilotprogramm der Community Nurses gibt es laut Rauch keine Änderungen. Für drei Jahre stehen ausreichende Haushaltsmittel zur Verfügung. Anschließend ist eine Evaluation geplant und es wurden gute Erfahrungen in der Startphase gemacht. Neben Kaniak und Kucher stellten auch die ÖVP-Abgeordneten Martina Diesner-Wais und Werner Saxinger, Bedrana Ribo (Grüne), Dagmar Belakowitsch (FPÖ) und Fiona Fiedler (NEOS) Fragen zur Pflege. Live-Anzeige auch für Strompreisabrechnungen Zur Armut stimmte Rauch der SPÖ-Abgeordneten Gabriele Heinisch-Hosek zu, dass sich die Situation zuletzt verschlechtert habe, obwohl er die Ursachen im Ukrainekrieg und der hohen Inflation sehe. Der österreichische Sozialstaat habe aber dafür gesorgt, dass es nicht zu einer Massenverarmung wie in anderen Ländern komme, bekräftigte er. Zudem reagierte die Regierung mit Milliardenhilfen auf die Entwicklungen. Rauch verwies insbesondere auf doppelte Familienbeihilfen, Pauschalzahlungen und die Strompreisbremse. Zudem sei der ursprünglich nur zur Verhinderung von Räumungen gedachte Live-Bildschirm verlängert und erweitert worden, betonte Rauch. So wird es nun möglich sein, Stromrechnungen bei Bedarf zu übernehmen. Rauch befürchtet, dass sich die Situation bei den Energiepreisen im kommenden Frühjahr weiter verschärfen wird. Am häufigsten wird der Live-Bildschirm laut Rauch von Alleinerziehenden und Familien mit Kindern genutzt, eine Aufschlüsselung nach ethnischer Zugehörigkeit gebe es nicht. Zu den Äußerungen von Alois Stöger (SPÖ) und Gerald Loacker (NEOS), dass die Bundesländer eigentlich für die Unterstützung sozial benachteiligter Familien zuständig seien, sagte Rauch, es handele sich um Härtefälle. Als nachhaltigste Maßnahme zur Armutsbekämpfung sieht Rauch die künftige Inanspruchnahme von Familien- und Sozialleistungen. Auch die Sozialhilfe würde er gerne ankurbeln, doch eine grundlegende Reform könne in der Bundesregierung keine Mehrheit finden. Pilotprojekte zur Inklusion von Menschen mit Behinderungen Bezüglich der beruflichen und sozialen Integration von Menschen mit Behinderungen fand Rauch problematisch, dass der entsprechende nationale Aktionsplan – wie Aktionspläne generell – kein Budget habe. Die Abteilung bemüht sich jedoch sicherzustellen, dass die Gelder den gewünschten Zielen entlang des Aktionsplans zugewiesen werden. Zum…